Das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz brachte die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen Forderungen auch für steuerliche Zwecke pauschal wertzuberichtigen bzw. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten pauschal zu bilden. In einer aktuellen Wartung der Einkommensteuerrichtlinien hat nun das Finanzministerium seine Rechtsansicht dazu dargelegt.
Forderungen
Unter Pauschalwertberichtigungen sind Wertberichtigungen zu verstehen, die einem allgemeinen Forderungsrisiko Rechnung tragen, ohne dass eine Risikozuordnung zu bestimmten Forderungen vorgenommen werden kann. Eine Schätzung des niedrigeren Teilwertes aufgrund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit (allgemeines Forderungsrisiko, allgemeines Branchenrisiko, allgemeines Ausfalls- und Verzögerungsrisiko) oder aufgrund einer allgemeinen Konjunkturschwäche bzw. einer allgemeinen schlechten Schuldnerbonität war für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2021 beginnen, nicht zulässig.
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, gilt nun, dass eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches (UGB) zulässig sind.
Danach muss die Bestimmung eines Wertes, der nur auf Basis von Schätzungen möglich ist, auf einer umsichtigen Beurteilung beruhen. Liegen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleichgelagerten Sachverhalten vor, sind diese bei der umsichtigen Beurteilung zu berücksichtigen (z. B. statistisch ermittelte Ausfallswahrscheinlichkeiten).
Nach dem UGB sind Schätzungen stets nach dem bestmöglichen Verfahren vorzunehmen. Von einer "umsichtigen Beurteilung" ist insbesondere auszugehen, wenn Schätzungen die aktuellsten verfügbaren Angaben umfassen, auf einer vorsichtigen Bewertung beruhen sowie auf einer objektiven Grundlage ermittelt werden. Erfahrungen aus vergleichbaren Geschäftsfällen sind dabei ergänzend zu berücksichtigen. Der pauschale Prozentsatz ist kaufmännisch auf zwei Nachkommastellen zu runden. Forderungen, die bereits einzelwertberichtigt sind, können nicht pauschal berichtigt werden.
Im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG (Buchführungspflicht) besteht im Falle der unternehmensrechtlichen Vornahme von Pauschalwertberichtigungen aufgrund der Maßgeblichkeit eine Pflicht, diese auch für steuerliche Zwecke vorzunehmen. Im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG besteht hingegen ein Wahlrecht zur Pauschalwertberichtigung nach (abstrakter) Maßgabe der unternehmensrechtlichen Voraussetzungen des UGBs.
Stimmt das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr überein, kann eine Pauschalwertberichtigung von Forderungen erstmals zum Bilanzstichtag 31.12.2021 erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass auch Forderungen pauschalwertberichtigt werden können, die in früheren Wirtschaftsjahren entstanden sind (Forderungsaltbestände). Die Pauschalwertberichtigung dieser Forderungsaltbestände wirkt sich zum 31.12.2021 steuerlich jedoch nicht sofort in voller Höhe aus, sondern ist über fünf Jahre zu verteilen. Im Fall einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe sind noch nicht abgesetzte Fünftelbeträge im Rahmen des Veräußerungs-/Aufgabegewinnes zu berücksichtigen.
Rückstellungen
Die Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen ist für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2021 beginnen, nur zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist. Unzulässig ist hingegen die Bildung von Pauschalrückstellungen.
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, gilt nun, dass die Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches (UGB) auch pauschal möglich ist. Dabei gelten obige Ausführungen zur pauschalen Wertberichtigung für Forderung sinngemäß im Wesentlichen auch für die pauschale Bildung von Rückstellungen.
Stand: 27. Juli 2021